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19. Mai 2016
Zuständigkeitsstreit zwischen GKV und Sozialamt

Zuständigkeitsstreit zwischen GKV und Sozialamt

Wer als Sozialhilfeempfänger Leistungen der Hilfe bei Krankheit vom Sozialamt erhält, kann nur unter engen Voraussetzungen vom Sozialamt in die Versicherungspflicht bei den gesetzlichen Krankenkassen überwiesen werden. Darauf hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem aktuellen Urteil hingewiesen.

Im Streitfall hatte das Sozialamt die laufende Hilfegewährung einer Rentnerin für einen Monat unterbrochen und dies zum Anlass genommen, die Rentnerin bei der AOK anzumelden. Zu Unrecht, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg urteilte. Wer als Sozialhilfeempfänger Leistungen der Hilfe bei Krankheit vom Sozialamt erhält, könne nur unter engen Voraussetzungen vom Sozialamt in die Versicherungspflicht bei den gesetzlichen Krankenkassen überwiesen werden.

Zuständigkeitsstreit zwischen Sozialamt und Krankenkasse Landessozialgericht

Der Entscheidung des LSG Baden-Württembergs liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine 80-jährige Rentnerin erhält eine geringe russische Rente von ca. 200 Euro pro Monat, die auf die Sozialhilfe angerechnet wird. Das zuständige Sozialamt fasste die gesamte Rentenzahlung für das Jahr 2010 in einem Monat zusammen, hob im Dezember 2010 rückwirkend nur für November 2010 die Gewährung von Sozialhilfe auf und meldete die Rentnerin bei der AOK an. Anschließend erhielt die Rentnerin wieder laufend Sozialhilfe unter monatlicher Anrechnung der Rente. Die AOK weigerte sich, die Frau aufzunehmen und pochte auf die fortbestehende Zuständigkeit des Sozialamts.

„Verschiebung“ von Sozialhilfeempfängern in die gesetzliche Krankenversicherung erschwert

Dieser Ansicht hat sich auch das LSG Baden-Württemberg angeschlossen. Zwar könne nach Ansicht der Richter bei Unterbrechung des Sozialhilfebezugs ab einem Monat eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung greifen (sogenannte Auffangversicherung). Dies gelte aber nicht für rückwirkend herbeigeführte Unterbrechungen und auch nicht für rechtswidrig herbeigeführte Unterbrechungen. Das Sozialamt sei im Streitfall nicht berechtigt gewesen, die gesamte Rente des Jahres 2010 punktuell in einem Monat zusammenzufassen und damit für einen Monat den Sozialhilfebezug zu unterbrechen. Nach den gesetzlichen Vorgaben sei die Rente monatlich anzurechnen, weshalb es zu keiner Unterbrechung des Sozialhilfebezugs komme. Damit werde die Rentnerin nicht bei der AOK gesetzlich kranken- und pflegeversichert, sondern erhalte weiterhin die notwendigen Hilfeleistungen bei Krankheit oder Pflege auf Kosten des Sozialamts.

Das LSG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. (kb)

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.05.2016, Az.: L 11 KR 5133/14, Revision zugelassen